Türkei IV – oder: Von türkischen Weihnachtsmärkten und Camping am Strand

Bevor wir Akyaka verlassen und zurück auf die Bundesstraße D400 fahren, deren Verlauf wir ungefähr folgen werden bis wir Antalya erreichen, unternehmen wir eine kleine Stadtrundfahrt durch den Ort. Hätten wir die Nacht nicht bei Talip und Mehtap verbracht, mit denen wir über Warmshowers in Kontakt gekommen sind, hätten wir Akyaka gar nicht auf dem Zettel gehabt.

Und das wäre echt schade gewesen, denn die Stadt ist richtig schön. Die Häuser liegen hintereinander in verschiedenen Höhen am Berg, am Strand beginnen die Fischer mit der Arbeit und der Blick auf die Bucht ist wunderschön. Es ist ein kleines Paradies an der Kreuzung zweier Bundesstraßen, von denen uns eine bis nach Antalya führen soll.

Zitrusfrüchte für alle

Seit Izmir steht alle paar Kilometer eine Mandarinen- oder Apfelsinenplantage neben der Straße, die in der Regel so viele Früchte tragen, dass sie den Vitamin C-Bedarf einer Kleinstadt für ein ganzes Jahr decken können. Dementsprechend gibt es regelmäßig frisches Obst zu einem unfassbar günstigen Preis am Straßenrand zu kaufen. Wir bezahlen zwischen zwei und drei türkischen Lira pro Kilogramm, was etwa 30 bis 45 Cent entspricht.

Für die Mittagspause wollen wir eigentlich nur eine Handvoll Mandarinen an einem sehr zufällig gewählten Stand kaufen und schnell weiter fahren, müssen unsere Pläne aber kurzfristig ändern, denn die ältere Dame an dem Stand besteht darauf, dass wir uns noch hinsetzen und einen Tee trinken. Wobei „darauf bestehen“ nicht der richtige Ausdruck ist, denn sie bittet uns, nicht direkt weiter zu fahren und lässt sofort einen Tisch in die Sonne stellen. Und weil wir es nicht über das Herz bringen, diese Bitte abzuschlagen, sitzen wir wenig später an besagtem Tisch, trinken Tee und essen unsere Mandarinen und Walnüsse, die wir dazu serviert bekommen.

Außerdem müssen wir mehr als die geplante Handvoll Mandarinen kaufen, denn in der Türkei kann man nicht irgendwie nur ein paar Teile von irgendwas kaufen kann, es muss schon immer mindestens ein Kilogramm sein – was bei den Preisen durchaus verständlich ist.

Ein Blick in die Schalen der alten Waage zeigt, dass hier mit einigen Steinchen ein bisschen geschummelt und die Mandarinen etwas schwerer gemacht werden, aber wir wollten ja sowieso kein ganzes Kilo transportieren.

Übern Berg nach Dalyan

Ein paar Kilometer später verlassen wir die D400 erstmal für diesen Tag und folgen einer Nebenstraße in Richtung Dalyan zu unserem nächsten Warmshowers-Host Ersin. Obwohl die Gegend mit ihren Apfelsinenfeldern, dem Berg und dem See wunderschön ist und wir abseits vom Verkehr durch kleine Orte fahren, ist die Strecke unglaublich anstrengend.

Der Asphalt ist zwar neu, aber so grob und steinig, dass er das Fahren stärker erschwert als ein unbefestigter, festgefahrener Weg. Dazu kommt, dass hinter jeder Kurve ein neuer, ziemlich steiler Anstieg wartet, der verdammt viel Kraft raubt. Auf dem Höhenprofil sah die Strecke vorab gar nicht so dramatisch aus, aber in der Realität hat sie es echt in sich.

Die Stimmung ist ziemlich schlecht, weil wir uns selbst unter Zeitdruck setzen, damit wir möglichst im Hellen bei Ersin ankommen. Dabei haben wir eigentlich das Gegenteil von Zeitdruck – wir haben eher zu viel Zeit. Das Haus, das wir in Belek bei Antalya gemietet haben, ist ab 21. Dezember für uns reserviert und der Rest der Strecke ließe sich rechnerisch so aufteilen, dass wir keine vierzig Kilometer mehr pro Tag fahren müssten. Diese Strecke von fast siebzig Kilometern zu Ersin wäre also gut und gerne auch an zwei Tagen machbar gewesen.

Wir erreichen Dalyan als die Sonne bereits untergeht und müssen im Ort noch einen Fluss überqueren, wofür mangels Brücke eine Fähre zur Verfügung steht. Die Fähre ist ganz genau groß genug, dass die beiden Autos, der Transporter, zwei Fahrräder und ein paar Fußgänger darauf Platz finden. Außerdem ist sie schon etwas in die Tage gekommen. Von den beiden Entladeklappen kann nur noch eine heruntergefahren werden, weshalb das Schiff in der Mitte des Flusses drehen muss und die beförderten Fahrzeuge, die vorwärts aufgefahren sind, rückwärts abfahren müssen. Das ist aber kein Problem, denn dabei entsteht nur ein leichter Materialschaden, der am betroffenen Auto und an der Fähre nicht mehr weiter auffällt.

Bekannte Gesichter

Als wir bei Ersin ankommen, warten schon drei bekannte Gesichter auf uns: die Franzosen, die wir auf der Fähre von Bodrum nach Datça kennengelernt haben, sind auch da. Ersin, unser Host, ist ziemlich bekannt in der Gegend und hat schon richtig viele Radfahrer aus der ganzen Welt beherbergt. Er hat ein Grundstück mit zwei kleinen Häuschen – eins zum Wohnen, eins zum Arbeiten – und stellt in Handarbeit Fahrräder aus Bambus her.

Das Wohn-Häuschen hat zwei Räume, die zwischen den Franzosen und uns aufgeteilt werden, während Ersin auswärts schlafen will. Wir verbringen einen gemütlichen Abend zusammen, teils draußen am Lagerfeuer, teils in unserem Schlafzimmer, wo wir gemeinsam das Leibgericht jedes Radfahrers kochen: Pasta mit Pesto.

Der nächste Tag ist ein Ruhetag, an dem wir uns erstmal um unsere Fahrräder kümmern, Tee trinken und die Sonne genießen. Ersin arbeitet nebenbei an einem Rad, das er für einen Piloten aus Anakara nach dessen Wünschen baut. Sein eigenes Fahrrad steht ebenfalls im Hof und fällt uns vor allem dadurch auf, dass es über keinerlei Bremsen verfügt. Auf Nachfrage versichert er uns, dass er einfach keine Bremsen benötigt und sie daher direkt weggelassen hat. Klingt einleuchtend.

Weihnachtsmarkt auf Türkisch

Für den Nachmittag bekommen wir einen Ausflugstipp von Ersin: dieses Wochenende ist Weihnachtsmarkt in Dalyan. Na klar, wir haben quasi Sommer und befinden uns in einem Land, in dem Weihnachten nicht gefeiert wird. Warum sollte es hier keine Weihnachtsmärkte geben? Weil wir uns in der Stadt nicht auskennen, fragen wir Ersin, wo der Weihnachtsmarkt stattfindet. Seine Antwort: “An der Moschee.” Natürlich, wo auch sonst?

Weihnachtsmarkt in der Türkei sieht folgendermaßen aus: es gibt einen ganzen Marktplatz voller Stände, an denen handgemachte Waren verkauft werden, aus den Lautsprechern dröhnt Popmusik, es gibt jede Menge Essen zu kaufen, ein paar Leute laufen mit Weihnachtspullovern herum. Die Unterschiede zu deutschen Weihnachtsmärkten: die Sonne scheint bei zwanzig Grad, es gibt Ayran statt Glühwein und niemand ist betrunken. Die prägnanteste Gemeinsamkeit: beide haben nichts mit Weihnachten zu tun.

„C’est Apolline“

Nach unserer Runde über den Markt drehen wir eine Runde durch den Ort, der vor allem aus kleinen gemütlichen Gassen, Restaurants und Hostels besteht, von denen die meisten zur Zeit allerdings in der Winterpause sind. Am Fluss entlang läuft eine kleine Promenade mit einigen geöffneten Cafés, einem kleinen Hafen für Ausflugsschiffe und einem Blick auf die Königsgräber, die hoch oben in den Fels des gegenüberliegenden Berges eingearbeitet sind.

Den Abend verbringen wir wieder gemeinsam mit unseren Nachbarn aus Frankreich, Ersin ist mit Freunden unterwegs. Wir kochen gemeinsam, erzählen viel und lassen uns von Apolline unterhalten. Sie fängt gerade an zu sprechen und hat kürzlich ihren Namen gelernt, weshalb sie regelmäßig allen Leuten klarmacht, was alles ihr gehört. Und das ist ihrer Meinung nach so ziemlich alles, was sich in unserem Zimmer befindet.

Weil die Franzosen beschlossen haben, einen weiteren Tag bei Ersin zu bleiben, brechen wir am Morgen zu zweit auf und haben einen großartigen Fahrradtag. Das Wetter ist wieder großartig und wir folgen einer wenig befahrenen Nebenstraße über Felder, Berge, an einem See entlang und durch einige kleinere Ortschaften. Wir legen kurze Pausen an einer großen Höhle und einer Schwefelquelle ein, die schon auf mehreren hundert Metern Entfernung zu riechen ist.

Die Wege der Bürokratie

Am frühen Abend erreichen wir die Stadt Dalaman, in der wir nur kurz im örtlichen Vodafone-Shop unser Guthaben aufladen wollen, um uns mehr Datenvolumen buchen zu können. In besagtem Laden sehen wir uns mit einer Dame konfrontiert, die weder willens noch in der Lage scheint, uns zu unseren Möglichkeiten zu beraten und uns nur ein unverschämt teures Paket verkaufen kann oder will. Wir realisieren leider erst nach dem Kauf, dass es günstiger gewesen wäre, eine neue Sim-Karte zu kaufen.

Zwei Wochen später wird unsere Sim-Karte gesperrt werden. Den Grund dafür kann uns keiner so richtig sagen. Entweder wurde die Karte beim Kauf in Keşan falsch registriert oder die Aufladung in Dalaman nicht korrekt durchgeführt. Beide Shops, die wir dazu in Antalya aufsuchen werden, werden uns empfehlen, in einen der beiden Läden zurückzureisen, um das Problem zu klären. Auf den Hinweis unsererseits, dass das nicht passieren wird, wird jeweils handschriftlich (!!!) ein Formular ausgefüllt und an die Zentrale der Türkei versendet. Weil wir wissen, was das für uns bedeutet – dass gar nichts passieren wird -, werden wir schließlich aufgeben und uns eine neue Sim-Karte zulegen.

Das ist ein Phänomen, das wir in der Türkei schon einige Male beobachtet haben: kommt man mit den Leuten auf dem privaten Weg in Kontakt, wird man in der Regel offen und freundlich empfangen, erhält viel Hilfe und wird umsorgt wie ein verlorengeglaubtes Familienmitglied. Sobald man aber mit jemandem im beruflichen Umfeld in Berührung kommt – vor allem mit Angestellten im Einzelhandel -, ist oft weder Freundlichkeit noch Hilfsbereitschaft oder überhaupt Interesse zu erwarten.

Sommer, Sonne, Strand

Genervt von diesem Vorfall verlassen wir Dalaman in Richtung Süden und erreichen einen riesigen Strand hinterm Flughafen, der auch am Abend noch sehr stark besucht. Wir hatten eigentlich vor, irgendwo im Sand zu campen, und sind schon fast ein bisschen pessimistisch gestimmt, was die Aussichten auf einen sichtgeschützten Platz angeht. Weit hinter dem befahrbaren Wegfinden wir aber schließlich eine Stelle zwischen zwei Büschen, die sich dann doch ganz gut zu eignen scheint. Weil auch hier noch ein paar Leute sitzen, warten wir mit dem Aufbau des Zeltes bis es dunkel ist und nutzen die Zeit zum Essen.

Am nächsten Morgen entscheiden wir spontan, zu bleiben und einen Strandtag einzulegen. Das Wetter ist perfekt, unser Platz ist perfekt, der Strand ist perfekt. Wir verbringen den Tag mit baden, Eis essen und den ankommenden Flugzeugen beim Landen zuzusehen. Die Landebahn beginnt direkt hinter dem Strand, weshalb die Flugzeuge über dem Wasser bereits auf eine besorgniserregende Höhe absinken.

Nach einem gemütlichen Strandfrühstück am nächsten Morgen schieben wir die Räder zurück durch den Sand auf den befahrbaren Weg, wobei wir für die 250 Meter bestimmt eine halbe Stunde benötigen. Danach sind wir aber zumindest mal gut aufgewärmt, denn das Schieben im tiefen Strandsand ist reine Schwerstarbeit.

Wieder übern Berg

Damit wir nicht auskühlen, geht es am Stadtrand von Dalaman direkt mit einer Steigung von über zwanzig Prozent bergauf auf eine hügelige Bundesstraße. Diese verfügt über einen Tunnel, der unter einem unangenehm hohen Berg durch führt. Wir hatten vorab gehört, dass man ihn mit dem Fahrrad befahren kann, sind uns dann aber doch unsicher als wir die Schilder sehen, die Fahrrädern, Kutschen und Treckern die Weiterfahrt untersagen.

Grundsätzlich sind solche Schilder ja nicht unbedingt ein unüberwindbares Hindernis, aber da der Straßenabschnitt mit dem Tunnel zu einer Mautstraße umfunktioniert wurde, sind leider einige Kassenhäuschen aufgestellt, aus denen uns ein wirklich freundlicher Verkehrspolizist entgegen kommt und uns darauf hinweist, dass wir hier nicht weiterfahren können.

Würden wir jetzt schreiben, dass es “zum Glück” noch einen Weg über den Berg gibt, wäre das gelogen, denn unsere Freude über die zusätzlichen acht Kilometer bergauf hält sich durchaus in Grenzen. Da uns aber nicht allzu viel anderes übrig bleibt, arbeiten wir uns auf 340 Meter nach oben und fühlen uns beim Blick auf die Straße, die wir unter uns gelassen haben, schon ein bisschen stark.

Und wo es bergauf geht, geht meistens auch irgendwann wieder bergab. In unserem Fall direkt hinter dem Schild mit der Höhenangabe, weshalb wir uns mit Höchstgeschwindigkeiten zurück auf die Bundesstraße und in den nächsten Ort rollen lassen, wo wir erstmal eine Mittagspause einlegen und die Lebensmittelreserven auffüllen.

Der Nachmittag ist ähnlich hügelig wie der Vormittag, allerdings auf kürzeren Abschnitten und mit richtig tollen Aussichten auf die grünen Buchten und vorgelagerten Inseln. Hier in der Region gibt es sehr viele Strände, an denen Meeresschildkröten brüten. Diese sind nur in bestimmten Zeiträumen für Besucher zugänglich, nachts in der Regel gesperrt und deshalb fast vollkommen unberührt.

Techno-Musik vs. Baustelle

Auf der Karte haben wir einen kleinen Strand vor der nächsten Stadt Fethiye gefunden, den wir für ruhig und nicht allzu überfüllt halten, weil er etwas abseits und noch einige Kilometer vor dem Ort gelegen ist. Dort angekommen müssen wir allerdings feststellen, dass es sich dabei um eine absolute Fehleinschätzung unsererseits handelte, denn der gesamte Strandabschnitt, der echt nicht besonders lang ist, steht komplett voller Autos und Menschen mit lauter Musik, die hier größtenteils einfach herumsitzen und Zeit totschlagen.

Weiter zu fahren ist leider ziemlich sinnlos, weil wir dann so weit fahren müssten, dass wir Fethiye hinter uns lassen, und darauf haben wir nach den ganzen Anstiegen an diesem Tag nun gar keine Lust. Wir setzen also alles auf die Die-Leute-werden-schon-nicht-die-ganze-Nacht-hierbleiben-Karte, stellen das Zelt neben einem Strandrestaurant unter ein paar Palmen auf und gehen noch ein wenig am Strand spazieren.

In der Nacht müssen wir dann feststellen, dass die Annahme, die Leute würden irgendwann nach Hause fahren, eine weitere Fehleinschätzung war. Auf dem Parkplatz vor dem Restaurant stehen zwei Kleinbusse mit einem unerwartet starken Soundsystem, über das die ganze Nacht lang Techno-Musik läuft. Das hat für uns genau einen Vorteil: wir werden dadurch nicht durch den Lärm der 24-Stunden-Baustelle hinter dem Strand wach gehalten.

Regen und Schnee

Den nächsten Vormittag verbringen wir zu einem großen Teil im Zelt, weil es regnet. Als wir in einer Regenpause nach draußen gehen, um alles zusammen zu packen, sehen wir zum ersten Mal Schnee auf den Bergen hinter der Küste. Das ist ein seltsamer Anblick, denn hier unten ist es heute zwar nicht unbedingt gemütlich, aber lange nicht so kalt, dass wir an Schnee denken würden.

Hinter der Stadt geht es ähnlich hügelig weiter wie es am Vortag aufgehört hatte, nur mit dem Unterschied, dass wir uns ein wenig von der Küste entfernen und deshalb auf Berge statt aufs Meer schauen, was auch seinen Reiz hat. Wir sehen auf dem ganzen Weg kaum ein Auto, so gut wie keine Menschen und können seit einer langen Zeit mal wieder die Ruhe genießen. Diese immer wieder durch ein mächtiges Donnergrollen unterbrochen, aber irgendwas ist halt immer.

Wir campen an diesem Tag mehr zweckmäßig als romantisch unter Bäumen neben einem Fluss, wo wir morgens vom Regen und einer Schafherde heimgesucht werden. Weil wir das Zelt im Regen nicht trocknen können, müssen wir es komplett nass einpacken, legen aber umgehend eine Pause ein als sich andeutet, dass sich für ein paar Minuten die Sonne zeigt, was schon ausreicht, um das Zelt weitestgehend zu trocknen.

Eintritt für einen Strand?!

Am Abend wollen wir an den Patara-Strand. Das ist einer dieser Schildkrötenstrände, die nachts eigentlich geschlossen sind, aber wir hoffen, dass das außerhalb der Brutzeit nicht allzu genau genommen wird und wir uns irgendwo verstecken können. Dieser Plan scheint sich aber schon einige Kilometer vor dem Strand in Luft aufzulösen als wir vor einer Schranke stehen. Um zum Strand zu gelangen, muss man an einigen Ruinen vorbeifahren, für die ein Eintritt verlangt wird, den wir nicht zahlen wollen, weil wir halt nicht zu den Ruinen, sondern nur an den Strand fahren wollen.

Wir lungern also einige Zeit vor der Schranke herum, um auf der Karte nach einer anderen Möglichkeit zu suchen, an unser Ziel zu kommen. Dabei bekommen wir Gesellschaft von zwei anderen Radfahrern, die ebenfalls an der Schranke stoppen, aber auf irgendwas zu warten scheinen. Als wir schon fast in eine andere Richtung fahren wollen, winken sie uns zu und zeigen an, dass wir nun doch ungehindert und ohne Eintritt zu zahlen zum Strand fahren könnten.

Was war passiert? Weil das Kassenhäuschen nur bis 17:30 Uhr geöffnet ist, machen die Herrschaften darin um 17:20 Uhr Feierabend und öffnen die Schranke für die Nacht. Wer danach kommt, hat halt Glück und kann kostenlos Ruinen und Strand besuchen. The Turkish way of work.

Camping im Paradies?

Wir sind ja absolute Strandkinder und haben schon eine ganze Menge Strände auf der Welt gesehen, aber dieser hier ist definitiv einer der allerschönsten: ein breiter Sandstrand, gesäumt von Palmen und Bergen, nur ein anderer Mensch, ein wunderschöner Sonnenuntergang und wild rauschende Wellen. Wären wir Meeresschildkröten, kämen wir zum Brüten definitv auch hierher.

Der Strand verfügt über eine Strandbar mit einem Strohdach und wir spekulieren ein bisschen darauf, dass wir dort campen können, denn für die Nacht sind wieder Regen und Gewitter angesagt. Zu unserer Überraschung ist die Bar aber nicht leer, obwohl offensichtlich keine Gäste bedient werden. In einem kleinen Nebenraum befindet sich ein Büro, in dem ein junger Mann an einem Computer arbeitet. Keine Ahnung, was er dort den ganzen Tag zu tun hat, aber er ist hier angestellt.

Wir fragen ihn, ob wir unser Zelt in der Bar aufstellen können, denn trotz der vielen Tische und Bänke gibt es in der Mitte genug Platz für unsere vier Wände. Wir sehen, dass er es uns gern erlauben würde, erklärt uns aber, warum das nicht geht: die Bar ist ein Unternehmen der Regierung [was wohl auch erklärt, warum hier im Winter jemand “arbeitet”] und mit Überwachungskameras ausgestattet. Er hat Angst, dass er Ärger bekommt, falls jemand die Kamerabilder prüft.

Das ist wirklich schade, aber natürlich verständlich. Mit der türkischen Regierung würden wir auch nur ungern in Unstimmigkeiten geraten. Er bietet uns an, dass wir das Zelt im Sand neben der Bar aufstellen, das wäre kein Problem. Während unseres Gesprächs kommt ein älterer Mann dazu, der hier offenbar ebenfalls angestellt und ein bisschen entspannter ist als sein junger Kollege. Er erlaubt uns, eine Nacht zu bleiben, das Zelt in der Bar aufzustellen und die Besuchertoiletten zu nutzen. Er selbst wird die Nacht in dem Büro verbringen, in dem der junge Mann am Computer arbeitet, denn dort steht auch ein Bett bereit.

Wir sind natürlich super glücklich darüber, dass wir hier übernachten können, und stellen das Zelt direkt in die Mitte der Bar, weil das Strohdach hier am dichtesten wirkt und der Boden am trockensten ist. Als es in der Nacht zu regnen und gewittern beginnt, sind wir wirklich froh darüber, dass wir unter einem Dach übernachten können, auch wenn das Zelt am nächsten Morgen auf einer Seite ziemlich nass ist.

Frühstück

Weil wir weder in der Bar, die fast ausschließlich aus Holz und Stroh besteht, noch am Strand mit unserem Benzinkocher hantieren wollen, fahren wir noch vor dem Frühstück zurück in den ersten Ort und hoffen auf einen offenen Laden oder ähnliches. Leider scheinen alle Geschäfte in der Stadt nur im Sommer geöffnet zu sein, weshalb wir die Hoffnung schon fast aufgegeben haben als wir von einem Mann auf einen Tee herangewunken werden.

Auf den ersten Blick sah es gar nicht so aus, aber wir haben offenbar doch noch ein geöffnetes Restaurant gefunden beziehungsweise sind von ihm gefunden worden. Das Restaurant befindet sich auf einer Terrasse und verfügt eine offene Küche und einen schönen Blick auf den Ort. Aus einer einfachen Teebestellung wird erst ein Frühstück und schließlich zwei Hähnchenpfannen, zwei Gläser Wein und ein großer Salat. Vor allem erstere werden nicht nur von uns, sondern auch von den ortsansässigen Katzen und Hunden mit Begeisterung erwartet.

Ein paar Daten

  • Kilometerstand: 8.650 km
  • Streckenverlauf: Akyaka – Dalyan – Dalaman – Fethiye – Patara
  • Übernachtungen: 5 x Zelt, 2 x Warmshowers
  • Zeitraum: 6. bis 13. Dezember 2019

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Von Anika

Irgendwas mit Fahrradfahren.

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