Lettland I – oder: Ostsee, Wald und Menschen

Lettland. Wir sind nun schon 400 Kilometer durch dieses Land gefahren und nach einer guten Woche in der Hauptstadt Riga angekommen. Aber was sollen nun wir über dieses Land berichten? Was wird uns von dem Teil, den wir bisher gesehen haben, am meisten im Gedächtnis bleiben? Was macht Lettland für uns aus? Genau vier Dinge: Wald, Strände, Ameisen und Menschen.

Wald

Unsere Tage verbringen wir derzeit vor allem im Wald, denn dort führen die Straßen entlang. Wir meiden die offiziellen Fahrradwege, denn es ist von allen Seiten zu hören, dass sie einfach schlecht sind. Stattdessen sind wir auf den Bundesstraßen unterwegs – erst die A11 bis Liepāja, dann die P111 und P108 bis Ventspils, danach die P124 nach Kolka und zuletzt P131 nach Riga.

Und so sehr sich ihre Namen gleichen, so sehr gleichen sich die Strecken in ihrer Erscheinung: links Wald, rechts Wald und mittendrin Asphalt.

Wobei, ganz korrekt ist das nicht, denn vor allem zum Anfang fehlt der Wald über weite Strecken, was unserem Freund, dem Gegenwind, Tür und Tor öffnet. Aber spätestens seit Ventspils sorgen die Bäume für Windstille und Langeweile.

Dabei können wir uns wirklich nicht beschweren. Der Wald riecht an warmen Tagen phänomenal intensiv nach Kiefernwald, die Straßen sind größtenteils sehr gut, wir kommen gut voran und die Autofahrer sind meist rücksichtsvoll. Und zur Abwechslung kommt auch alle zwanzig Kilometer mal ein Straßenschild.

Dennoch wird es auf den Straßen gern mal langweilig, denn in der Regel liegen die wenigen Orte der Region abseits der Straßen, weshalb es unfassbar wenig zu sehen gibt.

Strände

So unspektakulär die Tage auf der Straße sind, genauso spektakulär sind unsere Abende und die Orte, an denen wir wir sie verbringen.

Wir müssen von der Bundesstraße einfach nur links abbiegen, ein paar hundert Meter durch den Wald fahren und schon befinden wir uns direkt an der Ostsee. Und zwar allein.

Strandtourismus gibt es so gut wie gar nicht und es ist nicht schwer, einen Platz am Strand zu finden, an dem man vollkommen ungestört ist. Einmal haben wir eine Gruppe Angler getroffen, aber hundert Meter weiter hatten wir unseren eigenen Strandaufgang und waren wieder unter uns.

Der Strand verläuft die gesamte lettische Küste entlang – er beginnt schon vor der Grenze zu Litauen, macht eine Pause in Riga und geht weiter bis nach Estland. Es ist also quasi unmöglich, keinen Platz am Strand zu finden, wenn man sich an der Küste befindet und das ist einfach wahnsinnig schön.

Ameisen

Überall, und damit meinen wir wirklich überall, gibt es Ameisen. An einigen Orten konnten wir nicht lange stehen bleiben, ohne dass es an den Beinen krabbelte. Es gibt sie hier in allen Größen von „Ameise“ bis „Chihuahua“.

Und in Lettland scheint man die Tiere auch ganz gern zu haben, denn Ameisenhaufen werden hier auch gern mal eingezäunt oder bekommen ein Dach aufgesetzt, damit sie nicht übersehen werden.

Menschen

Allzu viele Menschen gibt es in Lettland nicht, allerdings auch nur sehr wenige Straßen. Und deswegen gibt es auch nur sehr wenige Möglichkeiten, einander zu verpassen.

Anfangs trafen wir die meisten Radfahrer auf den Straßen, denn sie kamen uns entgegen. Nur wenige fuhren in unserer Richtung.

Dann überholten wir mal zwei Frauen, die wir in den nächsten Tagen immer wieder trafen und stellten fest, dass sie auch aus Deutschland kommen und auf dem Weg nach Tallinn sind. Diese beiden haben wir allerdings seit ein paar Tagen aus den Augen verloren.

Dann lernten wir vor einem Konsum in Mazirbe – der Ort ist ungefähr so groß wie er klingt – eine Familie oder Freunde aus dem Rheinland kennen, die mit zwei Kleinbussen unterwegs sind, und uns seitdem mindestens einmal am Tag überholen. Mittlerweile wird gehupt und die Kinder winken uns aufgeregt aus den Fenstern zu. Wir haben uns nur einmal kurz auf dem Parkplatz unterhalten, ansonsten besteht unser Kontakt aus Überholungen auf der Straße, aber das macht Spaß.

Und dann ist da noch Dietrich. Er hatte in Kaliningrad kurz gehalten als wir am Straßenrand ein paar Reparaturen am Reifen vornahmen (noch vor der Acht). Auch hier nur ein kurzes Gespräch, eine gute Reise gewünscht und weiter gefahren. Und dann stehen wir heute an irgendeiner Kreuzung, irgendwo in Riga, weitab von irgendwelchen Sehenswürdigkeiten und da treffen wir uns wieder. Und stellen fest, dass unsere Unterkünfte im gleichen Haus sind. Wie klein ist bitte die Welt? Oder dieses Land?

Zur Feier des Tages trafen wir uns mit ihm, drei weiteren Radreisenden aus Deutschland, Österreich und den USA und einer weiteren Deutschen im Beer House und wurden in den Coolest Cycling Club aufgenommen, was uns natürlich sehr ehrt. Wir sind uns relativ sicher, dass wir den einen oder anderen nochmal treffen werden.

Und sonst?

Lettland hat natürlich noch etwas mehr zu bieten als Wälder und Ameisen und ein paar Dinge haben wir davon auch gesehen.

Da war zum Beispiel diese prunkvolle Kathedrale mitten in einer Plattenbausiedlung in Liepāja.

Oder das Kap Kolka, wo sich Ostsee und Rigaischer Meerbusen treffen und die Wassermassen aus verschiedenen Richtungen aufeinander treffen.

Oder die Binnendüne, die langsam alles auffrisst, was auf ihr wächst.

Oder der See Kanieris, der gar nicht so weit entfernt von Riga liegt.

Außerdem haben wir unheimlich viel Zeit an der Ostsee verbracht, den Wellen beim Rauschen zugehört und zugeschaut und sind selbst auch das eine oder andere Mal in die Fluten gesprungen.

Den Höhepunkt an der Ostsee bezeichnet unsere Mittagspause in Jurmala am Strand, die neben essen, baden und sonnen sogar noch eine Fahrt durch den Sand bieten konnte.

Nicht zu vergessen ist auch die Tatsache, dass wir kurz vor Riga eine Gesamtstrecke von 1.965 Kilometern zurück gelegt haben.

Und nun?

Nun sind wir erstmal für einen Tag in Riga und werden dann weiter ziehen nach Estland. Obwohl wir bisher immer angenehme Temperaturen um die 20 Grad hatten, soll es in den nächsten Tagen auch in Lettland bis zu 30 Grad heiß werden. Zum Glück haben wir es nicht weit bis zur Ostsee.

Ein paar Daten

  • Kilometerstand: 1.976
  • Strecke (grob): Liepāja – Ventspils – Kolka – Riga
  • Übernachtungen: 6 x Zelt, 1 x Hostel

In eigener Sache

Wie ihr vielleicht wisst, finanzieren wir unsere Fahrradweltreise komplett selbst und haben keinen großen Sponsor, der uns versorgt. Wir haben einen Betrag gespart, mit dem wir erstmal eine Weile leben können. Dennoch werden wir bald versuchen, über unseren Blog einige Einnahmen zu generieren, um die Website am Laufen zu halten und einige Kosten zu decken, die auf der Reise anfallen. Erfahrungen anderer Reisender zeigen, dass man durchschnittlich mit etwa zehn Euro pro Person und Tag rechnen kann, womit dann neben der Verpflegung auch Anschaffungen, Reparaturen, Visa etc. abgedeckt sind. Falls ihr Lust habt, uns dabei zu unterstützen, könnt ihr ganz einfach über [diesen Link] einen selbst bestimmten Betrag per Paypal an uns senden. Wir freuen uns über jeden Euro!

Von Anika

Irgendwas mit Fahrradfahren.

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