Unser letztes Lager vor Gdansk (Danzig) haben wir an einem See aufgeschlagen, der so bei bei Anglern ist, dass wir Mühe hatten, einen Platz zu finden, an dem noch kein Zelt stand. Bis spät in den Abend und schon früh am Morgen war das Auswerfen der Angeln unserer Nachbarn zu hören. Aus unserer Richtung kam wohl eher das Zischen unseres Kochers und vielleicht ein kleines Schnarchen hier und da.
Zurück an die Ostsee
Wir hatten die Ostsee ja einige Tage zuvor verlassen, um auf besseren Wegen über Lebork nach Gdansk zu gelangen und nachdem wir am Vortag eine ganze Menge bergauf gefahren waren, konnten wir uns bis Gdynia fast komplett ebenjenen Berg wieder herunter rollen lassen – zumindest nachdem wir an beiden Rädern die Gangschaltung gerichtet hatten, die vielleicht beim Ketteölen am Morgen ein bisschen aus dem Takt gekommen war.
Wie auch immer, wir waren jedenfalls überdurchschnittlich schnell an der Mole in Gdynia, wo wir erstmal eine Pause einlegten und uns freuten, zurück an der Ostsee zu sein.
Es ging dann weiter nach Zopot, einem Urlauberort, der zwischen Gdynia und Gdansk liegt und sowohl bei Polen als auch bei sehr vielen Menschen aus anderen Ländern sehr beliebt ist. Weil das Fahren sowieso nur in Schrittgeschwindigkeit möglich war und immer die Gefahr bestand, jemanden aufzugabeln, schoben wir die Räder durch Zopot und nutzten die Gelegenheit für eine richtig gesunde Mahlzeit zwischendurch.
Gdansk, die Dritte
In Gdansk gab es dann nochmal eine deutlich längere Pause an einem Einkaufszentrum, in dem wir unsere Vorräte auffüllen und unsere Regenoutfits weiter optimieren konnten.
Später führte uns unser Weg durch die Altstadt, die wir von zwei vorherigen Reisen bereits kannten, die dadurch aber nicht weniger eindrücklich geworden ist: die alten und wunderschön verzierten Häuser, die unzähligen Bars und Restaurants, die gefühlten Millionen Menschen in entspannter Atmosphäre. Das alles macht schon Spaß, auch wenn es für zwei vollbepackte Fahrräder dort eigentlich keinen Platz gibt.
Dabei ist Gdansk eine sehr fahrradfreundliche Stadt. An jeder Ecke gibt es Leihfährräder für die Danziger, überall ist ein Fahrradweg zu finden und an den Ampeln gibt es sogar Metallgebilde, an denen man sich festhalten kann, um nicht extra vom Fahrrad absteigen zu müssen.
Weiter gen Osten
Am nächsten Tag verließen wir die Stadt, die sich unfassbar lang an der Ostsee hinzieht und sich zu einem typischen polnischen Badeort entwickelt, mit einer Fähre über die Wisla. Die Fähre kostete keine 2,50 Euro für uns beide und hatte selbst keinen Motor, sodass sie von einem Beiboot gezogen und gelenkt wurde.
Auf der anderen Seite trafen wir eine Gruppe von Radfahrern aus Süddeutschland wieder, die wir in Łeba kennengelernt hatten und die dem Ostseeküstenradweg weiter bis auf die Halbinsel Hel gefolgt sind. Ihre Erzählungen bekräftigten uns noch einmal in der Entscheidung, den Weg zu verlassen, denn es ging auch hinter Łeba nicht weniger sandig weiter. Die beiden Männer und eine Frau hatten aber offenbar Gefallen daran gefunden. Leider trennten sich unsere Wege wieder, denn sie wollten das Frische Haff nördlich umfahren und wir südlich.
Seit einer gefühlten Ewigkeit war dieser Tag nun der erste, an dem wir uns nur auf das Radfahren konzentrieren konnten und uns nicht um schlechtes Wetter, Besorgungen oder Reparaturen kümmern mussten. Es gab nur uns, die Straße und viele kleinere Orte mit dem normalen Alltagsleben ihrer Bewohner und das war unendlich entspannend.
Wir legten unterwegs zwei Pausen ein und machten uns keinen Stress, wieder loszufahren. Genauso hatten wir uns eigentlich einen deutlich größeren Teil unserer Reise vorgestellt. Zusätzlich hat sich unsere Kondition schon ganz gut verbessert, sodass mittlerweile zwanzig ohne dreißig Kilometer am Stück wie im Flug vergehen.
Die nächste größere Stadt Elblag haben wir nur am Rande passiert, denn wir hatten uns bereits in einem Tante Emma-Laden eingedeckt, in dem wir mit Händen und Füßen Nudeln, Haferflocken und Zubehör besorgen konnten.
Am Abend fanden wir einen schönen Schlafplatz am Frischen Haff zwischen Schilf und Bäumen und konnten nicht anders als normal zum Strand zu gehen und der Sonne beim Untergehen zuzusehen.
Auf nach Russland
Der folgende Tag begann mit einem Bad im Frischen Haff, das bei näherer Betrachtung eigentlich in „Grünes Haff“ umbenannt werden müsste.
Es ging nach dem Frühstück über einige längere Anstiege und durch unendlich viele Baustellen nach Frombork (Frauenburg), die Stadt, in der Nikolaus Kopernikus einen großen Teil seines Lebens verbrachte und in der er auch begraben liegt.
Wir suchten die Nummer 17c in der Ulica Kopernika (Kopernikusstraße), denn das ist die Adresse des Ostseestadions in Rostock. Leider wurde wir nicht fündig, weil die Straße nur bis Nummer 15 ging, aber dafür fanden wir zwischen den vielen Touristen, die bei unserem letzten Besuch 2017 noch nicht da waren, ein paar Imbisse, in denen wir uns versorgten. Das tolle am Fahrradfahren ist ja, dass man den ganzen Tag essen kann – ohne schlechtes Gewissen und allzu großes Sättigungsgefühl.
Von Frombork aus war es dann gar nicht mehr weit bis zur polnisch-russischen Grenze in die Oblast Kaliningrad. Die Wege wurden immer schlechter, die Dörfer zu Grenzorten und der Verkehr wieder dichter.
Wir konnten den Grenzübergang in einer halben Stunde abwickeln, weil wir mit den Fahrrädern an den ganzen wartenden Autos vorbei fahren konnten und zum Glück nicht alle Taschen bei der Zollkontrolle auspacken mussten.
Polen Teil I
Damit haben wir unser erstes Land mit dem Fahrrad durchquert und schon mal einen ersten Einblick erhalten, was diese Reise noch für uns bereithalten wird. Wie es sich anfühlt, im Regen zu stehen. Wie es ist, sein Fahrrad durch kilometerweite Sandwege zu schieben. Wie schön die Welt ist, wenn die Sonne scheint und man sich einfach treiben lassen kann.
Wir verabschieden uns erstmal nur temporär von Polen, denn unser Weg wird uns wahrscheinlich an der Ostgrenze entlang nach Süden führen, wo mit den Masuren eine sehr schöne, aber auch sehr hügelige Landschaft auf uns wartet.
Nun sind wir erstmal in Kaliningrad, aber dazu wird es einen eigenen Beitrag geben, wenn wir in Litauen sind. Kleiner Spoiler: es gibt wieder Reparaturbedarf und einen ungeplanten Zwischenstop.
Ein paar Daten
- Kilometerstand: 1.270 km
- Strecke (grob): Szemud – Gdynia – Gdansk – Elblag – Frombork – Grenze
- Übernachtungen: 3 x Zelt
In eigener Sache
Wie ihr vielleicht wisst, finanzieren wir unsere Fahrradweltreise komplett selbst und haben keinen großen Sponsor, der uns versorgt. Wir haben einen Betrag gespart, mit dem wir erstmal eine Weile leben können. Dennoch werden wir bald versuchen, über unseren Blog einige Einnahmen zu generieren, um die Website am Laufen zu halten und einige Kosten zu decken, die auf der Reise anfallen. Erfahrungen anderer Reisender zeigen, dass man durchschnittlich mit etwa zehn Euro pro Person und Tag rechnen kann, womit dann neben der Verpflegung auch Anschaffungen, Reparaturen, Visa etc. abgedeckt sind. Falls ihr Lust habt, uns dabei zu unterstützen, könnt ihr ganz einfach über[diesen Link]einen selbst bestimmten Betrag per Paypal an uns senden. Wir freuen uns über jeden Euro!